Lesen Sie am besten zuerst Teil 1 und Teil 2 der Zusammenfassung. Die Angaben in (Klammern) geben die entsprechenden Seiten im Buch an.
III. Kapitel. Die einzelnen Elemente des neuen Systems.
Analyse der Arbeit und der Werkzeuge
Auch wenn der Aufbau einer Wissenschaft, z.B. über die Metallbearbeitung, viele Jahre Arbeit bedeutet, so kann selbst durch einfache Untersuchungen schon nach wenigen Monaten viel erreicht werden (123). Entwickelte Werkzeuge werden als Standard eingesetzt, bis diese durch neue Experimente weiter verbessert und durch einen neuen Standard ersetzt werden (124).
Doch die meisten Vorgänge innerhalb des Maschinenbaus sind wesentlich leichter zu verstehen als die komplizierte Metallbearbeitung. Häufig genügen Zeit- und Bewegungsstudien (125).
Die Verbesserung erfolgt dabei in fünf Schritten (125 f):
- Auswahl von 10 – 15 möglichst unterschiedlichen Leuten
- Analyse der Bewegungsabläufe, Handgriffe und der eingesetzten Werkzeuge
- Zeitmessung der Einzeloperationen. Auswahl der jeweils schnellsten Einzeloperationen.
- Ausschalten aller falschen und nutzlosen Bewegungen.
- Tabellarische Zusammenstellung der schnellsten Bewegungen sowie der verwendeten Arbeitsgeräte.
Diese beste Methode bleibt die Norm, bis sie durch eine bessere Methode ersetzt wird. So werden nach und nach alle Abläufe geschult und verbessert (126).
Analyse der Motive & die Pensumidee
Neben der Analyse der Vorgänge ist die Analyse der menschlichen Motivation von Bedeutung. Auch wenn diese Zusammenhänge nicht so klar und eindeutig wie bei den materiellen Dingen sind, können dennoch für die große Mehrheit der Arbeiter gültige Gesetzte ermittelt werden (128).
Ein zentraler, wenn auch nicht neuer Aspekt, ist die Pensumidee. Dieses System wird bereits in der Schule angewandt. Anstatt den Schülern zu sagen, sie sollen so viel Lernen, wie sie für richtig halten, wird ein wohldefiniertes Pensum verlangt. Menschen arbeiten zudem nur deutlich schneller als der Durchschnitt, wenn sie sicher sein können, dass diese Mehrarbeit auch dauerhaft entlohnt wird (128 ff).
Zwei der wichtigsten Elemente sind somit die Faktoren Pensum und Bonus, denn viele weitere Methoden wie die Zeitstudien, die Normierung der Arbeitsmethoden oder das Routing basieren darauf (130).
Die Spezial- oder Funktionsmeister
Anstelle der alten Meister treten acht verschiedene Funktionsmeister, jeder von ihnen mit einer speziellen Aufgabe (132):
- Der Lehrer (Inspektor) erklärt die Zeichnungen und Arbeitsanweisungen
- Der zweite Lehrer (Gangboss) zeigt die korrekte Bewegung und Maschinenbedienung
- Der Geschwindigkeitsmeister (Speedboss) ermittelt die korrekten Maschinenparameter
- Der Reparaturmeister hilft bei der Wartung der Maschine
- Der Zeitbeamte (Timeclerk) führt die Löhnung durch
- Der Arbeitsverteiler (Routclerk) stellt die Reihenfolgen und Transporte zusammen
- Der Aufsichtsbeamte (Disciplinarian) sorgt für die Klärung von Streitigkeiten
Auf den Einwand, dass dem Arbeiter das Denken abgewöhnt und sie zu Automaten würden, kann man begegnen, dass dies in allen Formen der Spezialisierung der Fall ist. Schließlich wirft man einem Chirurgen auch nicht vor, dass er zum Automaten geworden ist, nur weil er sich spezialisiert hat. Ähnlich wie der Arbeiter verwendet der Chirurg auch Instrumente die das Ergebnis langjähriger Entwicklung sind (134).
Durch die Schulung und Verwendung dieser Instrumente kann er auf dem schnellsten Weg die Kenntnisse seiner Vorgänger erlangen ohne stets alles neu erfinden zu müssen (135). Diese Spezialisierung und Strukturierung ermöglicht es ehemals einfachen Arbeitern schnell höherwertige Tätigkeiten zu erlernen und höhere Löhne zu erhalten.
Verbesserungswesen
Auch wenn es scheint, dass der Arbeiter seine Intelligenz nicht mehr einsetzten soll, ist genau das Gegenteil der Fall. Er soll in jeder Weise dazu ermuntert werden Verbesserungen vorzuschlagen (136).
Die Leitung sollte es als eine ein für allemal feststehende Regel betrachten, jede Verbesserung, die ein Arbeiter anregt, sorgfältig zu prüfen […] um genau den relativen Wert des neuen Vorschlags gegenüber der alten Norm zu bestimmen (136).
Ist die neue Methode besser als die bisherige soll der Arbeiter volle Anerkennung für die Verbesserung erhalten, zudem soll eine Prämie bezahlt werden (137).
IV. Kapitel. Schlußbemerkungen.
Richtig angewandt, können die Prinzipien des Scientific Management viele Vorteile bringen, werden sie allerdings mit den falschen Intentionen angewandt, so bringen sie Ruin und Verfall (138).
Die Philosophie der wissenschaftlichen Betriebsführung basiert auf (140):
- Der Aufstellung einer Wissenschaft
- Der korrekten Auswahl der Arbeiter
- Der Erziehung und Weiterbildung der Arbeiter
- Enge Zusammenarbeit zwischen Leitung und Arbeitern
Keine Umstellung über Nacht
Es wird davor gewarnt den Betrieb zu schnell umzustellen. Die Normierung und vor allem die Veränderung der geistigen Haltung lassen sich nicht über Nacht durchführen. Wird dabei zu schnell vorgegangen können Streiks und Bankrott die Folge sein (141).
Unter 2 – 3 Jahren, manchmal 4 – 5 Jahren ist eine solche komplette Umstellung kaum zu erzielen (142). Vor allem zu Beginn sollten die Änderungen jedem einzelnen Arbeiter ausführlich erklärt werden und langsam vorgegangen werden. Hat man ca. ein Drittel der Arbeiter „bekehrt“ kann das Tempo erhöht werden, denn dann beginnt sich die Stimmung schon auf das neue System einzustellen (142).
Nochmals eine Warnung: Selbst wenn man viel Erfahrung in einem nach wissenschaftlichen Prinzipien geführten Betrieb gesammelt hat, ist es etwas anderes einen Betrieb mit 3000 – 4000 Mitarbeitern auf das neue System umzustellen, als einen solchen zu leiten (143).
Wird das System nur zur Ertragssteigerung missbraucht ohne in die Ausbildung der Leute zu investieren und sie durch höhere Löhne für die Leistung zu entlohnen, können Streik und im Endeffekt schlechtere Verhältnisse als vor Beginn der Änderungen die Folge sein. Wird der Übergang richtig gemacht, besteht keine Gefahr für Streiks oder Ausstände (144 f).
Rückhalt der Geschäftsführung
In keinem Falle sollten die Leiter irgend eines größeren Unternehmens den Übergang versuchen, wenn nicht der Aufsichtsrat der Gesellschaft bezw. die Besitzer die Grundideen des neuen Systems ganz verstehen und ganz daran glauben; wenn sie nicht alles, was die Reorganisation mit sich bringt, besonders die notwendigerweise aufzuwendende Zeit, rückhaltlos billigen; wenn sie nicht selbst die Einführung des neuen Systems wünschen. (146)
Verteilung der Produktivitätssteigerung
Es scheint ungerecht, wenn ein Arbeiter für die 3,6-fache Leistung nur 60% mehr Lohn erhält. Dies ist nur auf den ersten Blick so, denn schlussendlich profitieren nicht nur die Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern insbesondere das Volk vom dem dadurch erreichten, größeren Wohlstand (146 ff).
Weitere Gründe, warum die 60%-ige Lohnerhöhung gerechtfertigt ist (148 f):
- Der Roheisenverlader (im Beispiel) führt keine außergewöhnliche Tätigkeit aus.
- Die höhere Leistung führt zu keiner größeren Ermüdung als zuvor. Ist dies der Fall, wurde das Pensum falsch ausgelegt.
- Die Leistungssteigerung ist nicht der Initiative des Arbeiters zu verdanken, sondern dem Prinzip der wissenschaftlichen Betriebsführung, die von einer anderen Person gelehrt wurde.
- Wie an anderer Stelle ausführlich beschrieben (77), sind die sechzig Prozent kein zufälliger Wert, sondern das Ergebnis sorgfältiger Überlegungen.
Allerdings ist die Zufriedenheit der involvierte Parteien (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Volk) besserer Beleg für den Erfolg als die zuvor aufgezählten Theorien (149). Auch wenn Arbeiter und Arbeitgeber sich gegen das neue System wehren werden, so wird schlussendlich das Volk (die Nachfrage nach günstigeren Gütern) über den Einsatz der neuen oder alten Methode entscheiden (150).
Nichts Neues
Die einzelnen beschriebenen Methoden sind weder neu noch besonders bahnbrechend. Viel mehr ist die sinnvolle Kombination und Zusammenfassung zu einem System erfolgsentscheidend (151).
Die Zeit der heroischen Taten ist vorbei, die Zukunft wird bestimmt von Spezialisierung und Teamarbeit, ohne dass jemand seine Individualität verliert (152). Nicht die durch Dampfmaschinen und Elektrizität erreichten Produktivitätssteigerungen pro Arbeiter sind der Grund für hohe Arbeitslosigkeit, sondern die vorsätzliche Reduzierung der Produktion, die dem Trugschluss geschuldet ist, dass es gegen das Interesse eines Arbeiters ist, sich nach Kräften anzustrengen (153 f).
Die Vision
Durch das Scientific Management würde sich die Produktivität in vielen produzierenden Bereichen verdoppeln, dies bedeutet mehr Freizeit und Möglichkeiten für Bildung und Kultur. Dank der wissenschaftlichen Grundlage werden Streitereien über angemessene Tagesleistungen und Löhne kaum noch stattfinden. Die Zufriedenheit zwischen Leitung und Arbeiter wird erhöht (154 f).
Dies bedeutet nicht nur höhere Prosperität für die Angestellten, sondern auch für die Gemeinden und die Gesellschaft (155).
Ist dies nicht das Ziel nachdem wir alle streben? (156)
Quellen
Titelbild: Pixabay (bearbeitet).
Alle Seitenangaben (in Klammern) beziehen sich auf: Taylor, Frederick Winslow (1983): Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung (The Principles of Scientific Management). 2. Auflage München: Raben-Verlag. (Nachdruck der Original-Ausgabe von 1919).