Ich mache den Büromaterialschrank auf und sehe viel Chaos, aber keine grünen Stifte. Dafür drei verschiedene in schwarz.
„Das sollte man mit Kanban organisieren!“, dachte ich mir.
Doch eine Lösung ohne die Ursachen und Gründe zu verstehen ist unsinnig. Also fragte ich bei der verantwortlichen Person nach.
Die Person zeigte mir, wie Sie nach Augenmaß bestellt, „Ach, da bestell ich dann immer ein paar mehr“ und das ganze über Listen verwaltet: „Ich kucke bei den alten Bestellungen, speichere manches als Favorit auf meinem Wunschzettel oder sonst kucke ich im Katalog.“
Für mich rief das nun laut nach Kanban, doch bringt es nichts, wenn ich es will und der andere nicht weiß warum es vielleicht einfacher ist. Anfangs hört die Person bei so einer Umstellung erstmal nur: Mehr Arbeit für mich! Also versprach ich einen Vorschlag zu machen, wie man das denn organisieren könnte. Wenn dieser uns beiden gefällt, werden wir umstellen. Ansonsten wird nachgearbeitet.
So entstand die Idee ein günstiges Kanban System zu entwickeln. Und wir haben auch schon das wichtigste gelernt: Nehmen Sie die Leute mit, sonst machen Sie das für sich alleine. Doch noch etwas muss klar sein.
Bevor es losgeht: Das Warum ist klar
Sie haben sich Gedanken gemacht, mit den beteiligten Personen gesprochen und sind zu dem Schluss gekommen: Dieser Prozess lässt sich gut mit Kanban regeln, denn
- die Bedarfe sind einigermaßen stabil
- die Wiederbeschaffungszeit ist relativ kurz, sodass die Bestände nicht zu groß werden.
Sehr gut. Denn hier möchte ich die technische Seite von Kanban beschreiben. Das heißt wie man es umsetzen kann, nicht ob man es umsetzten sollte.
Der Teufel steckt im Detail
„Die paar Kanban Karten bedrucken und anbringen kann doch nicht so lange brauchen“, das war weit gefehlt. Die Klärung aller technischen Fragen und Details kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Oft löst man ein Problem und schafft sich dabei viele andere.
Es tauchen dann nochmals unzählige kleinere Fragen auf: Welche Kartengröße, wie beschriftet man diese etc. In den nächsten Artikeln möchte ich ein beispielhaftes Kanban-System umsetzen und Lösungen für die Probleme vorschlagen. Sicher, diese lassen sich nicht immer auf jedes Problem übertragen, doch sie dienen als Anregung. Abschauen und ändern geht oft schneller als das Rad neu erfinden.
Das Equipment für unter 100 Euro
Preise im Industriebereich unterscheiden sich oft ganz deutlich vom Privatbereich, oft kostest es ein Vielfaches. Klar, die Werkzeuge und Materialien haben eine andere Qualität, doch es geht manchmal auch günstig.
Das vorgestellte Kanban System setzt sich ausschließlich aus Standardkomponenten zusammen. Alles was Sie benötigen lässt sich bei einem Händler beziehen (den Sie sicherlich schon in Ihrem Lieferantenpool haben). Eine Einkaufsliste gibt es im nächsten Beitrag. Melden Sie sich am besten zum Newsletter an um nichts zu verpassen.
Für 100 Euro dürfen Sie keine öl- und fettbeständigen bedruckten Kanbans erwarten. Doch das Prinzip bleibt gleich.
Die Software. Am besten vorhanden oder kostenlos
Wie in allen anderen Artikel versuche ich nur Standardsoftware zu verwenden. Gleich vorneweg, das wird nicht ganz funktionieren. Spätestens für den Druck von Barcodes geht es mit spezieller Software wesentlich leichter als mit Word.
Sicherlich, man könnte eine tolle Datenbank entwerfen, doch ich will zeigen, wie es einfach geht. Die nötigen Programme gibt es zum Download, sodass Sie diese an Ihre Bedürfnisse anpassen können. Denn im Detail ist es doch überall ein bisschen anders.
Was zeichnet ein gutes Kanban System aus?
Kanban ist nur ein Werkzeug, behandeln Sie es auch so und nicht wie ein kompliziertes System aus dem fernen Japan.
„Das Vorgehen orientiert sich ausschließlich am tatsächlichen Verbrauch von Materialien am Bereitstell- und Verbrauchsort. Kanban ermöglicht eine Reduktion der lokalen Bestände von Vorprodukten in und nahe der Produktion, die dort in Produkten der nächsten Integrationsstufe verbaut werden. [Quelle: Wikipedia.]
Kanban an sich heißt schlicht „Karte/Kärtchen“ und mehr brauchen Sie erstmal nicht. Daher der erste Tipp:
Halten Sie es simpel und einfach
Es gibt unzählige Möglichkeiten für die Gestaltung der Kanban Karten. Sowohl was Größe, Form und Farbe angeht, aber auch die Beschriftung und das Layout der Karten.
Machen Sie es einfach. Entscheiden Sie sich am besten für eine Kartengröße und eine Art von Beschriftung. Das ist wie mit Standard-Papier. Sie benutzen fast nur dieses Papier. Manchmal ist es etwas zu groß oder zu klein. Doch das nehmen Sie gerne in Kauf weil es überall verfügbar ist. Statt das Format anzupassen, passen Sie die Information an(Schriftgröße, Layout). Durch den gemeinsamen Standard haben Sie mehr Vor- als Nachteile.
Sicher ist es schwieriger und scheint manchmal unsinnig, sich nur für eine einzige Lösung zu entscheiden, doch das macht es später viel leichter. Das Thema Standards ist so umfangreich, dazu sollte ich noch einem eigenen Beitrag schreiben.
Denken Sie an den One Piece Flow
SMED ist hier das Stichwort. Am Anfang haben Sie dutzende Kärtchen auf einmal zu drucken. Die Zeit für das Zusammenbasteln der Excel Tabellen und die vielen falsch herum eingelegten Etiketten verteilt sich auf hunderte Stück. Die durchschnittliche Fertigungszeit pro Karte ist in Ordnung, da spielt die Rüstzeit keine große Rolle. Einmal gerüstet, hundertfach gedruckt.
Doch in Zukunft wird es häufiger vorkommen, dass Sie nur eine einzige Karte brauchen:
- Eine Karte ist verloren gegangen
- Ein neues Bauteil kommt hinzu
- Sie möchten die Karte aktualisieren
Jetzt muss es schnell gehen. Idealerweise ohne Rüstzeit. Gut wäre schon: Drucker einschalten, Datei öffnen, Daten eintragen und drucken.
Häufig ist dies nicht der Fall. Da müssen Sie:
- die Daten irgendwo herauskopieren
- die Spalten anpassen
- das ganze als CSV für den Drucker exportieren
- die Labeling Software öffnen oder die Drucker Etiketten suchen
- drucken (hoffentlich haben Sie die Etiketten richtig herum eingelegt)
Drucken Sie auf Etikettenbögen ist die Verschwendung vorprogrammiert. Ein ganzer Bogen Etiketten nur um ein oder zwei davon zu bedrucken? Theoretisch könnten Sie den Bogen nochmals verwenden, doch einen Papierstau mit Klebeetiketten will keiner und dieser kann sogar der Garantie schaden.
Rüstzeitreduzierung oder Single Minute Exchange of Die ist eine Kernidee von Lean, vergessen Sie das auch bei Kanban Karten nicht.
Änderungen sollten möglich sein
Irgendwann werden Sie merken, dass die alten Ideen nicht mehr passen. Das System muss angepasst werden.
Ich erinnere mich noch an die Zeiten als Webseiten von Agenturen gepflegt wurden, weil WordPress und Co noch nicht so verbreitet waren. „Schicken Sie mir eine Mail, ich passe das dann fix an“ – schön gesagt, doch so wirklich funktioniert hat das nie. Zu viel hin und her für zwei neue Zeilen Text.
So sollte es mit den Kanban Karten nicht sein. Wenn Sie was ändern müssen, dann sollten Sie das auch recht einfach tun können. Denn nur dann wird es auch gemacht.
Seien Sie also vorsichtig mit geschlossenen Systemen. Vieles mag einfach sein, wenn Sie es genau so verwenden wie gedacht. Jede kleine Änderung kann eine Menge Zeit, Nerven und Geld kosten. Und ein System das sich nicht gut verändern lässt ist alles andere als Lean.
Das ganze am Beispiel Büromaterial
Ohne Beispiel lässt sich lange über eine Lösung diskutieren. Das vorgeschlagene Kanban System wird für die Steuerung von Büromaterial verwendet.
„Büromaterial?“ werden Sie sich jetzt denken. Ja, das ist Absicht. Denn Büromaterial hat jeder Betrieb, jeder weiß um was es geht und kann mitreden.
Warum sich Büromaterial-Kanban lohnt und es viel mehr ist als nur die Bestellung von Bleistiften, erfahren Sie nächste Woche.
Sie wollen keinen Artikel zum Kanban System verpassen? Dann tragen Sie sich in den Newsletter ein und verfolgen die Serie vom Start bis zur Umsetzung.
Bildquelle: Pixabay.